Wenn der Vater mit dem Sohne

Es war ein trüber und regnerischer Nachmittag, doch ich freute mich auf meinen Termin. Ein Rundum-Pflege-Programm stand bei einem dieser neuen Friseure an, die nicht nur dem Haar, sondern auch dem Bart einen passenden Schnitt verpassen. Ein Geschenk meiner Frau. Sie fand, meine Gesichtsbehaarung vertrage etwas Pflege. Während der kurzen Wartezeit im Salon lauschte ich einem Gespräch zu, dass ein Vater mit seinem Sohn führte. Der Junge wollte seinen Zopf loswerden, der Vater war erstaunlicherweise dagegen. Die genauen Gründe waren nicht auszumachen, doch das Gespräch machte mich stutzig, weil ich mich an Anderes zurückerinnere. Meine Eltern waren für einen sauberen kurzen Haarschnitt, und ich vermied, wenn immer möglich den Friseur.

Nach einem gefühlten langen Hin und Her entschieden sich Vater und Sohn für den goldenen Mittelweg. Der Sohn gab den Argumenten des Vaters nach. Halblang sollte es sein, mit der Option, dass der Sohn nochmals vorbeikommen könne, wenn ihm der Schnitt nicht gefiele. Das Gespräch zog mich in den Bann, und mir kam ein Artikel in den Sinn, den ich kürzlich gelesen hatte. In diesem wurde John Bowlby zitiert, ein bekannter Kinderarzt und –psychiater, der in seiner Bindungstheorie festhielt, dass eine sichere und tiefe Bindung dann entstehe, wenn Eltern angemessen auf die Bedürfnisse eines Kindes reagieren. Und als ich in das Gesicht des Jungen blickte, liess mich das Gefühl nicht los, dass er den Barber Shop vermutlich bald und ohne seinen Vater aufsuchen wird. Sein Ausdruck war so trüb wie das Wetter, das ihn draussen erwartete.